Zurück zur Welt

Licht sehen wo für andere nur Nebel ist.

Was sind Floater?

Klumpen im Glaskörper? Brocken? Ein Schleier? Nebel? Der Grund warum in letzter Zeit überhaupt nichts mehr läuft? Der Stolperstein auf der Türschwelle der einen in die eigenen vier Wände kettet?

Vom „Floater haben“ zum „mit Floatern leben“ ist es ein Marathon. Rückschläge, Entsagungen, Verzweiflung und auch Trübsinn flankieren den Weg für einen produktiven Umgang mit dem „Schlonz“.

10 Jahre Floater

Unvergessen bleibt der Arzt der mir sagt, dass sich von meiner Nasenscheidewand Partikel gelöst hätten, welche in meinen Glaskörper eingedrungen sind. Anschließend verschreibt er mir Augentropfen (Privatrezept) für teures Geld, die brennen wie Säure und nichts verändern. Damals war das schrecklich heute ist es ein guter Witz in jedem Floater Forum.

Die weiteren Augenärzte, die mich aus der Praxis schmissen oder nicht wussten was ich meine. Der Arzt in München der mich ausgelacht hat und meinte ich bräuchte eine Therapie. Irgendwie hatte er recht, aber ich war schon zwei Jahre dort. Anfangs nicht wegen der Floater – später dann schon.

Erwachen

Man kann es pathetisch finden oder ungewöhnlich, aber ich sah ab einem gewissen Punkt die Floater mehr als eine Lebensaufgabe und nicht als Schicksalsschlag. Natürlich! Dazwischen lagen Selbstmordfantasien, Angst vor die Tür zu gehen, geschlossene Rollläden, durchgeschlagene Wände, aber auch Camus, Nietzsche, Hegel, Kant, Satre und Schopenhauer.  All das machte die Floater zu mehr als schwirrende Klumpen. Wie Max Frisch in Montauk über seinen Freund Werner Coninx schreibt, dass er durch ein mehr an Bildung und Interesse ein gehaltvolleres Leben hatte als Frisch dies je zuteil wurde. In Montauk sind es Landschaften, Literatur, Kunst und Kultur in meinem Leben sind es braune Punkte im Auge. Tragisch, aber warum nicht?

Seit Anfang 2017 kein einziger Tag mehr an dem ich wegen der Floater Zuhause blieb, oder das Gefühl mich selbst mit einer Nadel und einem Strohhalm zu vitrektomieren.

Ein neuer Beginn

Einen Satz den ich Anfangs wie ein Mantra vor mir her sprach, wenn ich dachte, dass die Welt unter mir nun doch gleich implodieren müsste:

„Wenn die Augen schon nichts mehr sind, dann mach den Rest vom Leben gut“.

Es ist hier niemandem etwas zu verkaufen, also kann ich deutlich machen, dass ich ein Leben ohne Floater jederzeit bevorzugen würde, aber überzeugt bin so gut wie ich geht kaum einer mit seinen um. Manche Tage – diese werden auch immer häufiger – sind die fliegenden Mücken kein Gedanke in meinem Kopf. Die Zeiten des „panisch gegen weiße Wände schauen“ oder „schnell bei Dunkelheit durch Lichtquellen von links nach rechts schauen“ sind vorbei – endlich. Die meiste Zeit hat mich die Wut, Angst und Fassungslosigkeit über meinen Zustand mehr verfolgt als die Mouches Volantes selbst.

Mein Wille in mich, meine Bildung, Freunde, Freundin und generell mein Leben zu investieren hat sich gelohnt.

Ich kann nur jedem wünschen sich auf die Welt hinter der Floater zu konzentrieren, denn es gibt eine und die ist wunderschön.

 

Zu neuen Ufern?

Es ist kurz vor meinem 24 Geburtstag. Noch in diesem Monat sind es glatt 10 Jahre, dass ich Floater habe.

Ich habe die letzten Monate viel nachgedacht. Nach dem euphorischen ersten Jahr ist dieser Blog ein bisschen liegen geblieben, es gab einfach zu viel neben den Floatern was wichtig war. Spannende neue Erfahrungen nur ein Überblick:

  • 2 Wöchiges Fest in meiner Heimatstadt mit mir als Veranstalter
  • Job an der Universität
  • Studium mit sehr guten Leistungen
  • Eine neue Liebe
  • Mehrere Besuche bei alten Verwandten, welche ich schon seit ein paar Jahren nicht mehr gesehen habe

 

Trotz der Floater und der damit einhergehenden Belastung war es ein schönes und erfolgreiches Jahr.

Nachdem ich jetzt einige Zeit versucht habe die Floater aus meiner Wahrnehmung zu verdrängen, bin ich momentan dabei mir einen Operateur zu suchen und mich für eine Operation zu empfehlen. Nachdem ich schon einige gescheiterte Versuche hinter mir habe, habe ich die Strategie gewechselt. Ich spiele mittlerweile mit offenen Karten und Frage direkt nach der Vitrektomie. Ich bin erst/bald 24 Jahre meine Aussichten auf einen Operateur, welcher gewillt ist mich zu operieren, sind denkbar schlecht.

Ich füge die Email ein, falls jemand ähnliche Schwierigkeiten hat und eine ähnliche Strategie versuchen möchte.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin Herr Mustermann 23 Jahre alt und bin momentan Student. Seit ca. 4 Jahren habe ich massive Floater in beiden Augen, vor 10 Jahren habe ich die ersten bemerkt.

Ich habe mich intensiv mit der Thematik beschäftigt und 2 Jahre eine Verhaltenstherapie deswegen gemacht. Leider bin ich mittlerweile an einem Punkt, an dem ich nicht mehr so weiter machen kann wie bisher. Momentan ist mein Studium für mich nicht mehr durchführbar, jeder Seminar- und Vorlesungssaal ist weiß und mitunter stark ausgeleuchtet. Die Belastung ist immens.

Ebenso ist ein schlichtes nach draußen gehen, oder ein blauer Himmel eine endlose Tortur.

Ich schreibe ihnen, weil ein Bekannter von mir eine PPV bei ihnen hat machen lassen und ein gutes Ergebnis erzielt hat. Ich hätte gernen einen Termin, in welchem wir die Möglichkeiten diskutieren, die mir zur Verfügung stehen. Ich sehe mich außer Stande so weiter zu machen wie bisher.

Termine sind für mich am besten Donnerstags/Freitags wahrnehmbar, ich bin außerdem bei der AOK versichert.

Ich bitte Sie darum, mich nur zu berücksichtigen, wenn eine Operation auch bei jüngeren Menschen für Sie in Frage kommt. Ich habe hiermit schon sehr schlechte Erfahrungen gemacht, ich habe mir diesen Schritt reiflich überlegt, dies ist keine unüberlegte Impulshandlung.

Sie erreichen mich entweder per Mail, oder telefonisch unter der XY.

Falls die Möglichkeit besteht, würde ich sie bitten meinen Wunsch/Anfrage vor ab an einen Operateur weiterzuleiten, um abzuklären, ob in meinem Alter, von ihrer Seite aus, überhaupt operiert wird.

Bei der letzten Kontrolle war die Netzhaut in bestem Zustand, ich habe weder Kurz-/Fernsichtigkeit noch andere Erkrankungen, bis auf die Glaskörpertrübungen.

Mit freundlichen Grüßen
Herr Mustermann
Daraufhin folgende Antwort:

Sehr geehrter Herr Mustermann,

vielen Dank für Ihre Nachricht an unsere Klinik.

Um Ihren Befund genau beurteilen zu können, müssten wir Sie einmal genau untersuchen. Hierzu ist auch eine Pupillenweitstellung notwendig (Autofahren danach nicht möglich). Im Anschluss an die Untersuchung würden wir Sie für das weitere Vorgehen entsprechend beraten.

Wenn Sie dies möchten, würde ich Sie um eine telefonische Terminvereinbarung unter XY in unserer Hauptabteilung bitten.

Bei Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Frau Dr. Musterfrau

Oberärztin der Klinik

Ich antwortete:

Sehr geehrte Frau Musterfrau,

vielen Dank für Ihre Antwort.

Ich möchte nicht resolut, oder ungnädig wirken. Ich war bereits bei zahlreichen ÄrztenInnen in meiner Umgebung, nach der Routineuntersuchung und der Besprechung des Befunds bekam ich, bis jetzt, immer eine Absage. Weil grundsätzlich nicht in diesem Alter operiert wird.

Ich weiß, dass ein Grauer Star wohl die Konsequenz sein wird. Gleichfalls bin ich mir im klaren, dass die Operation schwerwiegende Komplikationen haben kann.

Ich habe kein Interesse an einer Voruntersuchung, wenn das Ergebnis („Da operieren wir nicht, sie sind zu jung, gewöhnen sie sich daran“) schon im vornherein feststeht.

Deshalb kommt ein Termin bei Ihnen für mich erst in Frage, wenn ich im vorraus die Zusicherung erhalte, dass eine Operation, bei günstigen Bedingungen, bei denen Alter keine ist, erwogen wird.

Bitte verstehen Sie mich da, Glaskörpertrübungen sind immer auch mit einer Patientengeschichte verbunden, die sich dadurch auszeichnet, dass man in quälend hellen Warteräumen sitzt und anschließend frustriert nach Hause geht, weil man „zu Jung“ ist.

Mit freundlichen Grüßen
Herr Mustermann
Die Antwort kam nur eine Stunde später:

Sehr geehrter Herr Mustermann,

ich würde nicht von vornherein sagen, dass eine OP bei Ihnen grundsätzlich nicht möglich ist.

Der klinische Befund und der subjektive Leidensdruck sind entscheidend.

Mehr kann ich aber ohne Untersuchung zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, wofür Sie sicherlich Verständnis haben.

Gerne vereinbaren Sie einen Untersuchungstermin bei uns, wenn Sie dies möchten.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Aussagen geholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Frau Dr. Musterfrau

Oberärztin

 

 

Ich werde in den nächsten Wochen einen Termin vereinbaren und dann alles weitere besprechen, ich halte euch auf dem Laufenden.

Produktiver Umgang

Wie lebt man mit den Floatern? Zentrale Frage. Keine eindeutige Antwort. 

Es gibt eine Voraussetzung, welche gelten muss, sonst wäre die Frage nach einem produktiven Umgang, völlig absurd. Nämlich das es potentiell möglich ist mit den Floatern zu leben. 

Kein gegen sie, kein ohne sie, ein miteinander.

Aber wie? Das wichtigste scheint ein gesundes Fundament zu sein. Für mich war es zu wissen, dass ich a) nicht alleine damit bin und b) nicht damit leben muss. B war für mich sehr wichtig, weil ich dadurch nicht mehr ausgeliefert war. Man denke an das Mittelalter, Floater zur damaligen Zeit und man hatte Pech, entweder man lebt damit, oder man zerbricht daran. Jetzt wenn man keinen Zugang zu einem produktiven Umgang mit den Floatern bekommt, gibt es die Vitrektomie. Zwar mit ihren Risiken, aber es gibt einen „Ausweg“.

A war wichtig, weil es mir gezeigt hat, dass sich niemand gegen mich verschworen hat, vielen geht es ähnlich. Vielleicht ist auch jemand dabei, der damit gut umgeht, oder der sich helfen lassen hat. Das war Hoffnung in ihrer reinsten Form und in den schlimmsten Zeiten, war ich am aktivsten viel gelesen, viel gefragt. 
Was mich zu nächsten Fragment meines Fundaments bringt. Wissen was man hat. 
Man weiß was man hat, somit woran man ist. Ich war gefasster, wusste was mich erwartet, oder konnte es zumindest Einschätzen. Floater keine Mythos, kein spirituelles Irgendwas, einfach eine Krankheit. Klar abgegrenzt mit deutlichen Grenzen, kein das leben fressendes trübes Miasma, sondern nicht viel anders als Tennisarm. Eine Abweichungen von der Norm. 

Anfangs war es wie durch glühende Kohlen laufen, jede Erkenntnis, dass die Floater nicht wieder von selbst verschwinden war bitter und tat weh. Danach aber war es besser, ich hatte alles ergründet und konnte mich ganz auf eine Lösung konzentrieren. Ob diese jetzt die Vitrektomie ist, oder ein Leben mit den Floater war damals noch nicht abzusehen. Ausgeschlossen hab ich nichts und war deswegen für alles offen.

Positive Sicht

10 Jahre trübe Schleier vor den Augen, doch manche Dinge sehe ich jetzt klarer, auch dank der Floater. Natürlich, bin ich nicht dankbar Floater zu haben, ich sehe meine Floater auch nicht als Teil von „Gottes Prüfung“ oder sonstigen infantilen Versuchen der psychsichen Verzerrungs-/Abwehrmaschinerie.

 

Der Mensch handelt allgemein aufgrund äußerer Stimuli, heißt ein Reiz trifft auf Rezeptoren wird vom Gehirn verarbeitet, dieses Momentum löst etwas aus ein Lachen, Nicken, Schreien oder ganz grundsätzlich eine Reaktion. Diese Rektion wird zu einem Handeln, dieses Handeln zu einer Situation und am Ende wird all das Erfahrung. Manche Erfahrungen habe ich nur wegen, oder auch dank, meiner Floater gemacht. Bestimmte Menschen hätte ich niemals getroffen, bestimmte Situationen nicht erlebt, manche Träne nicht geweint und manches Grinsen nie gegrinst. Natürlich ist diese Sichtweise sehr von der Idee geprägt das Positive im „Ist“ zu sehen, denn ich habe nur diesen Erfahrungshorizont, ohne Floater wäre mein Leben ein anderes und dieses „Andere“ hätte genau so alle Seiten, wie dieses Jetzige.

 

Dieses Leben scheint unerträglich, ein anderes unerreichbar.

Frank Kafka

 

Doch bei all dem philosophieren, was haben mir die Floater gebracht, wo haben sie ein Fundament hinterlassen, wo vorher leeres Land war?

 

Bei meinem ersten Arztbesuch, war ich ein kleiner verängstigter Junge, der nicht wusste was los ist und nicht wusste was er tun soll. Die Meinung des Arztes, war wie von Gott gegeben. Ich war unfähig nachzufragen, oder sogar zu Widersprechen. Bei meinem letzten Besuch beim Augenarzt, war es anders. 20 Minuten saß ich da und diskutierte mit ihm, warum eine Vitrektomie kein Hirngespinst ist, warum es wichtig für mich ist und weshalb er aus seiner klinischen objektive Sichtweise mein subjektive Beeinträchtigung überhaupt nicht empathisch nachempfinden kann. Völlig ungeachtet des Ausgangs dieses Gesprächs, mir ist erst Monate später aufgefallen, dass ich gewachsen war. Raus aus meiner schüchternen Hülle hinein in ein mehr an Selbstvertrauen und Überzeugung.

 

Die ersten 2 Jahre, nachdem die Floater massiv mehr geworden sind, waren ein Horror. Ich ging weder raus, noch hatte ich Spaß, wenn ich doch mal musste. Ständig schaute ich meinen Floatern hinter her, mein kompletter Gedankenkosmos zirkulierte unaufhörlich immer und immer wieder um meine Floater. Ich konnte manchmal weder schlafen noch essen, es fühlte sich als würde ich niemals wieder glücklich werden. Unerträglich der Gedanke, dass dieses, mein einziges Leben jetzt so ist, so war es jetzt also. Das ganze Internet war voll von Hiobsbotschaften: „Es wird niemals besser werden“, „Ein Leben mit Floater ist so nicht lebenswert“. Und ich saugte alles auf, diesen ganzen Schmutz, wie ein Schwamm und kochte mir mein Destillat des Unglücks.

Wenn es allen so geht, wieso sollte es dann bei dir bitte anders sein? Doch nach Stunden der Therapie und Selbstreflexion, wich das alles einem neuen Gedanken. Na und! Dann scheitern halt alle, dann muss ich eben der Erste sein, dem es gelingt.

Resignation erstickt jede Idee von Fortschritt und Entwicklung im Keim. Selbstverständlich bin ich nicht eines Tages aufgewacht und es ging mir besser. Tausende weitere Gedanken folgten auf diesen Ersten, auch so manche Träne, mancher Rückschritt, aber auch so mancher Moment des Siegs und der Genugtuung. Jetzt ist es definitiv anders, die meiste Zeit sind meine Floater eine Randerscheinung, ein peripheres Phänomen an der Grenze meines Erkenntnishorizonts. Nicht weil ich sie ignorieren muss, um leben zu können, sondern weil ich sie kenne und ich rufe in die Welt nach draußen:„Zeig mir etwas neues, ich will alles sehen.“ Es gibt Tage da stören sie mich, aber das ist okay, die Welt ist ambivalent, mit manchen Spannungen muss man umgehen können, ohne daran zu zerbrechen.

Diese Erkenntnis diese Kompetenz werde ich wohl mein Leben lang behalten, ob Floater oder nicht, hier bin ich gewachsen. Dieser Blog war einst dazu gedacht, alle relevanten Information über Floater und Behandlungsmöglichkeiten zu sammeln und zwar ausschließlich dafür. Jetzt ist er mehr viel mehr, ein bisschen Tagebuch, ein bisschen Mutmacher und Informationen. Hätte ich keine Floater würde es ihn nicht geben und selbst wenn ich nur einen Menschen erreiche und sein Leben durch meine Worte bereichern kann, dann habe ich schon mehr gewonnen, als ich mir jemals zugetraut hätte. Selbst wenn es bei meinem eigenen bleibt.

 

Für mich ist die Vitrektomie noch immer eine Alternative und sobald der Augenblick günstig ist, werde ich auch eine machen lassen. Dies ist, zu allem vorherigen, kein Widerspruch. Denn nur, weil ich sie nicht möchte und lieber vollständig freie Sicht hätte, muss nicht alles schlecht sein. Selbst Floater haben eine zweite Seite vielleicht muss man sie nur zulassen, vielleicht muss man sie nur sehen.

Lebensgeschichte 4 Soll ich, oder soll ich nicht

Im letzten Teil habe ich erfahren, dass es die Vitrektomie gibt. Ich bin Anfangs davon ausgegangen, dass die Vitrektomie kein Risiko hat. Ich hatte schlichtweg keine Ahnung, was das für eine Operation ist. Doch bald war klar, so simpel wie ich mir das vorgestellt hatte ist es dann doch nicht.

Es macht einen Unterschied, ob der Glaskörper noch vollständig oder partiell an der Netzhaut anliegt, oder eben nicht.

 

FUN FACT

Ein Grund warum ein bekannter Arzt aus Düsseldorf, dessen Vorname ein bisschen klingt wie ein türkischer Schulhofschläger, keine jungen Patienten operiert. Da liegt der Glaskörper nämlich in der Regel noch vollständig an, was die Operation relativ kompliziert und schwierig macht, da der Glaskörper davor erst künstlich abgehoben werden muss.
Diese Art von Patienten würden ihm ja seine Quote versauen, falls denn mal was schief geht und darauf hat der sympathisch wirkende Herr mit dem netten Lächeln keine Lust.

Ebenfalls ist einem nach einer Vitrektomie der Graue Star so gut wie sicher, innerhalb der nächsten Monate und Jahre. Gut der Graue Star, vor der Operation braucht sich niemand zu fürchten. Schwerwiegende Komplikationen treten quasi nicht auf und sind fast vollständig unwahrscheinlich. Grauen Star bekommt man, mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, im Alter sowieso. Also gut, dann habe ich meine OP halt 40 Jahre vorher, seis drum. 

Schwere Einblutungen, Netzhautrisse, Gesichtsfeldausfälle oder Rest Glaskörper, welcher dann auch sehr störend vor den Augen herumschwirrt, das beängstigt mich viel mehr. Meine Frustration schnellte zu diesem Zeitpunkt schier ins unermessliche, dieses extrem Gefühl von Niedergeschlagenheit, Trauer und Wut war überwältigend. Ich habe mich das erste Mal in meinem Leben gefragt, ob ein Leben so noch lebenswert ist. 
Im selben Augenblick habe ich mich für den Gedanken gehasst, so ein paar Trübungen, werden dir schon nicht dein Leben versauen, komm mal wieder klar. 
Ich kam es nicht und wurde es auch nicht mehr, eigentlich entwickelte sich ab da an ein stetiger Abwärtstrend. Ich war mindestens 5 Stunden am Tag im Internet und habe recherchiert, Möglichkeiten gegen diese Trübungen irgendwas das mir helfen könnte. Doch es gab nicht, keine Chance. Ich ging spazieren wollte mich ablenken, doch beide Augen waren immer voll mit diesem Schlonz.

Dann an einem Tag, an dem ich dachte ich werde definitiv wahnsinnig, oder schlimmer noch, beschloss ich etwas dagegen zu unternehmen. Ich sah meine psychischen Probleme, die diese Krankheit mit sich brachten und suchte mir einen Therapeuten.

 

Fortsetzung folgt.

Lebensgeschichte 3

Mein Problem waren nicht nur dieser verdammt nervigen Floater. Es war nicht so als hätte ein von Grund auf glücklicher Mensch dieser Dinger gesehen und ist dann sofort schwer depressiv geworden. Vielmehr war ich davor schon jahrelang depressiv oder sagen wir unglücklich und tief in mir sehr traurig.
Diese Floater haben sich dann perfekt in das Gesamtbild meines beschissenen Lebens eingereiht. Yeah! Noch ein Grund mehr alles zu hassen.

Meine Aufmerksamkeit hat sich neu fokussiert, wo früher grüne Wiesen, ein blauer Himmel und ein bisschen fliegende Mücken war, da war jetzt haufenweise Dreck und ein bisschen Landschaft.
Ich habe Jahre gebraucht bis ich nach meiner erste Erfahrung wieder einmal den Mut aufgebracht habe, nochmal zu googeln. Zu groß war meine Angst nochmal zu erfahren das es nichts gibt was ich tun könnte.

Doch dann fand ich die Laser-Vitreolyse! Da denkt man jahrelang, es gibt keine Möglichkeit, irgendwie wieder ein normales Leben, ohne den Schmutz zu führen und dann findet man etwas, dass dies verspricht. Ich brauche keinem zu erklären wie euphorisch ich gewesen bin, am liebsten hätte ich die Welt umarmt. Doch zwei Klicks weiter war wich die Euphorie der sehr ernüchternden Realität.
Kaum ein junger Mensch kommt für die Vitreolyse in Frage, die Vitreolyse entfernt nicht alle Floater und die Operation muss privat bezahlt werden. Ohh well, fuck then!

Meine Trübungen tanzten wild über den Bildschirm meines Computers und formten ein hämisches Grinsen. Doppelte Punktzahl für den Pathos. 

Eigentlich hatte ich jede Hoffnung aufgegeben jemals wieder einen freien Blick zu haben, doch dann fand ich die Vitrektomie. Diverse Websiten waren sich einig, die Pars-Plana-Vitrektomie ist eine relativ schonende Operation mit geringer Komplikationsrate.  Okay, ist gekauft!

Leider ist der zweite Blick meistens nicht mehr fähig dazu die erste Euphorie aufrecht zu halten. Grauer Star ist die sichere Konsequenz. Also dann doch nicht, aber immerhin gibt es etwas, was mir eventuell helfen könnte. Allein schon die Aussicht darauf, dass ich nicht mit meinem Trübungen sterben muss, war schon wie Balsam für mich.

Lebensgeschichte 2

Nach den drei Jahren mit drei relativ kleinen schwarzen Punkten gesellte sich im anderen Auge ein trüber Streifen. Nachdem er im rechten unteren Ende meines Blickfeld war ist er mir erst nur sehr selten aufgefallen. Als ich mich dann das erste mal traute wieder einmal in den blauen Himmel zu schauen habe ich zum ersten Mal bemerkt, dass beide Augen eigentlich voll von durchsichtigen kristallinen Fäden sind.
Mit der Entspannung war es dann erstmal vorbei, ich hatte subjektiv das Gefühl als würden es immer immer mehr werden, letztendlich habe ich aber vermutlich nur mehr wahrgenommen.
Also wieder einen Augenarzt besucht, dieser unglaublich „empathische“ „freundliche“ und fachlich sehr „kompetente“ Mensch hat es tatsächliche geschafft, alle Sorgen hinsichtlich meiner Augen, mit seiner fundierten und wohl überlegten Aussage: „Herr R. da haben sie aber echt ein Pech, da kann man überhaupt nichts machen, konzentrieren sie sich nicht so darauf, wenn sie Blitze sehen kommen sie wieder“, zu zerstreuen.  Ich denke ich brauche nicht zu erklären, dass ich ab dem Tag Blitze gesehen habe. Psychosomatik das Arschloch.
Wenigstens hatte ich das erste mal einen konkreten Namen unter dem ich googeln konnte. Das Monster hatte einen Namen: Mouches Volantes.

Nach einem mehrstündigem googeln und diversen beinahe Nervenzusammenbrüchen, bei dem Gedanken mit diesen Dingern mein Leben lang herumzulaufen, war die Erkenntnis gefallen, dass dies wohl mein Schicksal sei. Ich könnte daran Verzweifeln oder es schaffen, leben müsste ich sowieso mit diesen Flecken.

(Anmerkung: Zu diesem Zeitpunkt war die Laser Vitreolyse noch nicht sonderlich bekannt und die Vitrektomie wurde in diesem Zusammenhang nicht mal erwähnt und ein Artikel auf Wikipedia hat zu dem Zeitpunkt noch nicht existiert)

Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich – bedingt durch meinen minimalen – Informationsstand dachte ich muss sicherlich mit diesen Trübungen leben mich sehr zerschmettert hat. Ich glaube, dass wen eine andere Person, zu einem andere Zeitpunkt und mit einem anderen persönlichen Hintergrund diese Trübungen bekommen hätte, wäre er/sie sicher kompetenter damit umgegangen. Ich habe mich erstmal zurückgezogen.

Licht aus, rollte runter. Affe tot.

Hier geht es zum dritten Teil: Lebensgeschichte 3

Weg zur Vitrektomie Teil 1 Vorgeschichte

Übersicht meiner Lebensgeschichte mit den Mücken.

Wie an andere Stelle schon einmal angesprochen, habe ich mich dazu entschieden eine Vitrektomie machen zu lassen.
Die Entscheidung ist mit keineswegs leicht gefallen, manchmal bin ich selbst nicht 100% davon überzeugt, aber eigentlich sehe ich es als die einzige Möglichkeit für mich.

Über die 10 Jahre hinweg, habe ich mein Leben sehr gut darauf eingestellt diese Mücken zu sehen. Dunkle Sonnenbrillen, Helligkeit des Bildschirms auf 0, keine schnellen Augenbewegungen durch Lichtquellen und all diese Strategien und Muster , die mir es ermöglicht haben, diese Mücken weitgehend zu ignorieren.

Jetzt hat sich die Situation aber nochmals verändert, es sind nochmal mehr Trübungen geworden und mein Glaskörper hat sich Links nicht vollständig abgehoben.( Link zum Thema: hintere Glaskörperabhebung) und zieht an einer Stelle an der Netzhaut, nach zwei Terminen beim Augenarzt, wegen heller Lichtblitze und einer sporadisch erscheinenden hellen Stelle wurde mir mitgeteilt, das erst gelasert wird, wenn ein Riss entstanden ist.

Nachdem ich im Zusammenhang mit an der Netzhaut ziehenden Glaskörpern schon öfter davon gelesen habe, dass eine Vitrektomie nach mehrfachen Netzhautrissen sogar empfohlen wird, war mein Gedanke klar soweit lasse ich es nicht kommen. Weswegen ich mich jetzt doch für eine Vitrektomie entschieden habe. Der Graue Star, den ich von dieser Operation bekomme, nehme ich einfach mal billigend in Kauf.

An dieser Stelle mal die Stimmen meiner Mitmenschen zu meiner Entscheidung eine Vitrektomie durchführen zu lassen und nach einer kurzen Erklärung wie diese Operation funktioniert (Glaskörper absaugen etc.)

„Du spinnst doch völlig.
– Meine Mutter

„Das machst du bitte nicht“
– Meine Schwester

„Die Saugen dir was ab? Um Gottes Willen!“
– Guter Freund

„Wie verdammt unlustig“
– Guter Freund

„Okay und danach ist das Problem gelöst?“
– Meine Freundin

„Wenn das ihre Entscheidung ist und sie sich das reiflich überlegt haben, werde ich sie da natürlich unterstützen.“
– Mein Therapeut

Natürlich ist das alles nicht so einfach. Wie hier schon mal kurz ausgeführt.

Es ist natürlich der einer der invasivsten Eingriffe die man am Auge machen lassen kann, dass muss einem klar sein. Das man im schlimmsten Fall richtig arge Probleme (bis zu großen Gesichtsfeldausfällen oder Blindheit) alles haben kann, darf man auch nicht leugnen. Deswegen ist es wichtig sich einen guten Arzt mit einigem an Reputation zu besorgen.

Zu den Ärzten, weiteren Schwierigkeiten und meinem Leben folgt später mehr.
Bis dahin alles gute.

Hier geht es zu Teil 2