Einfach leben

Ein Satz den mein Therapeut einmal zu mir sagte, welcher mich nachhaltig und tief beeindruckt hat war: „Es scheint sie haben alles versucht und wüssten was sie wollen, aber haben sie schon versucht einfach zu leben?“
Das hat gesessen und war so simpel wie richtig. Das hatte ich noch nicht versucht. Alles was ich bisher tat war die Trübungen, entweder aktiv zu bewältigen und zu ignorieren, oder sie loszuwerden. Sie einfach nur zu haben, wie einen Schnurrbart oder eine dämliche Frisur, war bis dahin völliges Neuland für mich. 

Aber, wie lebt man mit etwas, dass einem ständig direkt vor den Augen herumtanzt, immer da ist wohin man schaut? Naja, einfach so eben. Es bedarf keiner wunderbaren Strategie, keiner Wundermittel, keiner heiligen Eingebung, sondern nur den Willen weiter zu leben. Es ist ein Irrglaube zu denken, es gäbe dieses eine Mittelchen, diesen einen Satz, diese eine Brille, um die Trübungen für immer und nachhaltig auszublenden und danach stören sie nie wieder. Das ist etwas, dass muss man so akzeptieren, es wird immer Spannungen mit den Trübungen geben. Es wird immer Tage geben an denen sie stören. 
Wie bereits angesprochen (Was hilft gegen die Mücken?Fliegende Mücken, was tun?), muss man sich selbst auch die Möglichkeit damit geben, die Trübungen zu akzeptieren. Grundsätzlich sollte es kein Gegeneinander sein sondern ein Miteinander. 

Natürlich ist das leicht gesagt und schwer getan, aber es ist drin, denn wo ist mein Mittelpunkt? Was fokussiere ich, was lebe ich?  Lebe ich mit den Floatern, oder die Floater mit mir? Bin ich die Floater, oder habe ich sie?
Trotz zahlreicher Floater besteht die Welt noch aus 80% anderen Dingen, zwischen den Floatern ist ein bisschen Platz um durchzuschauen. Natürlich sind massive Floater eine Beeinträchtigung und mit den Floatern leben zu können und trotzdem etwas dagegen zu unternehmen, ist per se auch kein Widerspruch, sondern vielmehr notwendig. Erst akzeptiere ich etwas, so wie es jetzt ist, dann formuliere ich einen Soll-Zustand, ist dieser erreicht, kann ich mir Gedanken über alles weitere machen. 

Die logische Reihenfolge, dessen was man tun sollte, ist nicht: „Versuchen damit zu leben > Laser-Vitreolyse > Vitrektomie“, sondern (à mon avis) „Versuchen damit zu leben > scheitern > neue Strategien entwickeln > scheitern >  festes Ziel formulieren > Teilerfolg > Akzeptanz > damit leben > Entscheidung treffen, ob ein Leben mit den Floatern den eigenen Vorstellungen entspricht“.

Kann ich den letzten Punkt mit einem klaren „Ja“ beantworten, dann ist es so, wahrscheinlich erinnert man sich, dann aber kaum noch an diesen Ablauf, so bleibt die Antwort implizit, durch die Handlung. Sollte es ein „Nein“ sein, dann kann man sich Gedanken über invasive Techniken machen.

Alles in allem, ich habe Floater, ansonsten führe ich ein normales völlig durchschnittlich glückliches Leben, es ist für mich wie Regen bei einer Grillfeier, schön, wenn er weg ist, nicht schlimm, wenn er bleibt.

Fliegende Mücken, was tun?

Die Frage was man tun kann, impliziert unumgänglich, dass welche Möglichkeiten habe ich überhaupt, aber die Möglichkeiten richten sich nach dem was man möchte. Manchmal muss man das wollen, was man kann, bzw. richtet sich das „Was will ich?“nach den Möglichkeiten.
Tut man dies nicht, bzw. sträubt sich gegen diese Möglichkeiten, will aber das Produkt der Möglichkeiten, ensteht eine fast unüberbrückbare Hüde, die früher oder später dazu führt, dass man auf der Stelle tritt.

Bei Mouches Volantes sind die Varianten, dessen was man möchte, frustrierend gering. Die meisten Menschen, wollen wohl einfach nicht mehr diese Mücken vor den Augen. Verständlich. Jedoch ändert sich, dass was die meisten wollen schlagartig, wenn einem bewusst wird, welche Möglichkeiten zur Verfügung stehen, falls das Produkt „Keine Trübungen mehr“, erreicht werden will. Eine Vitrektomie ist ein schwerer Eingriff, der Gedanke, dass sich 2 – 3 Metallstäbe durch das Auge wühlen ist erschreckend und beängstigend, gleiches gilt für die potentiellen Risiken. Verständlich. Dennoch, die Vitrektomie ist die einzige Möglichkeit diesen Wunsch zu realisieren.


Meistens wird hier die Erwartungshaltung angepasst, an das was Möglich ist. Auch das ist verständlich. Aber was ist Möglich? Mit den Trübungen zu leben, ist natürlich möglich. Ich gehe sogar soweit zu sagen, dass man ein glückliches erfülltes Leben mit den Trübungen führen kann, ohne Einschränkungen. Eventuell bedarf es kleiner Hilfsmittel, der kauf einer Sonnenbrille, das dimmen des Computerbildschirms oder das zuziehen der Jalousien. Das ist die Möglichkeit des „Mit den Mücken zu leben“, bzw. sich damit zur arrangieren. Dieses erwächst, aber oftmals nicht aus dem eigenen Wunsch heraus, sondern an der Ermangelung anderer Möglichkeiten. Nicht jeder, der mit den Mücken leben kann muss das tun, aber es ist Möglichkeit es zu vereinfachen.


Wie viele Menschen würden noch mit ihren Floatern leben, wenn die Vitrektomie eine Operation mit 0,0% Risiko wäre? Vermutlich nur noch Bruchteil, oder nur jene, die nicht von ihnen gestört werden.

Was passiert, wenn das Will: „Keine Trübungen mehr“, nicht an die Realität angepasst wird? Denn wer keine Vitrektomie möchte, was sehr verständlich ist, muss zwangsläufig für die nächste Zeit damit leben. Gezwungenermaßen.


Man flieht. Sucht nach einer Möglichkeit, die das Produkt einer Vitrektomie ermöglicht -ohne das Risiko-, grundsätzlich ist das nicht verwerflich, sondern verständlich. Chinesische Heilmedizin, Heilpraktiker, Heilwasser etc. etc. Nur zielführend ist es nicht. Denn mit absoluter Wahrscheinlichkeit bzw. mit 100% Sicherheit, gibt es keine andere Möglichkeit. Das Problem hieran ist, dass man sich mit der ziemlich sicheren erfolglosen suche, gleichzeitig die Möglichkeit nimmt, sich mit den Floatern zu arrangieren. Da Zielvorstellung und Realität nicht mehr kohärent sind. Man durchforstet also endlos das Internet und eifert einem Ziel hinterher, welche nicht erreichbar ist.

 

Was hilft gegen die Mücken?

Die ersten Wochen und Monaten, nachdem die Floater das Erste mal in Erscheinung getreten sind, sind oftmals die schlimmsten. Nach einer gewissen, individuell unterschiedlichen Zeit, beginnt eine Art Gewöhnungsprozess.
Eigentlich ist es mehr ein abfinden mit der Gesamtsituation und hier liegt oftmals das Dilemma.
Geht man nach den Phasen der Trauerbewältigung hängen viele Betroffene auf der Stufe des Verleugnens bzw. des Verhandelns.

Warum? Wie komme ich darauf?

Viele Betroffenen gestehen sich nicht ein, dass sie an einer Krankheit leiden. Genau einer Krankheit, natürlich ist es anders als Krebs oder Grippe, aber man ist krank. Ich vermeide helle Orte, ich habe Kopfschmerzen, mir fehlt so oft die Freude an Tätigkeiten mit meinen Freunden, weil überall und egal wohin ich sehe diese braunen Schlieren sind. Manchmal glaube ich, egal welche Wunder ich noch entdecken werde die Floater sind schon da, als wären sie eingebrannt in das Bild der Zukunft. (BAAM double Point für den Pathos des Zorns)

Ich war vorher nicht so, ich war meistens den ganzen Tag draußen, ich habe an der frischen Luft gelernt, meinen ersten Kuss gehabt, meinen ersten Liebeskummer. Ich habe stundenlang auf Sonnenauf und Sonnenuntergang gewartet. Diese Zeiten sind vorbei. Nicht wegen der Depression die ich von den Floatern bekam, sondern wegen der Floater.
Ich habe eingesehen, dass ich krank bin, damit wurde es einfacher. Mich trifft keine Schuld, es war nie meine Entscheidung, es ist einfach passiert.

So paradox es klingt, es macht es einfacher, wenn man akzeptiert das man eine Krankheit hat.

Als ich eingesehen habe, dass Glaskörpertrübungen eine Krankheit sind, die behandelt gehört damit ich geheilt bin, war der Fahrplan klar. Einen Arzt finden, plötzlich war das unübersichtliche diffuse Dickicht vor meinen Augen nur noch ein temporär Zustand, kein Urteil mehr.

Natürlich ist die erste Verzweiflung erst einmal gigantisch, nichts kann sie wirklich schmälern. Ärzte sehen das Problem nicht. (Sprichwörtlich) Die Fachliteratur lehrt sie auch nichts anderes, wie sollen sie dann etwas anderes sagen, als: „Da gewöhnen sie sich dran“?. Ein paar schlechte Menschen, und die sind das größere Probleme, versprechen eine Heilung, verdienen sich schnelles leichtes Geld mit Voruntersuchungen und allem Möglichen, um Betroffene dann wieder mit dem selben Satz nach Hause zu schicken, oder dubiose Firmen die versuchen nutzlose Vitaminpillen für teures Geld ,an verzweifelte Menschen, zu verkaufen. Keine Trübungen wird sich davon auflösen, völlig ausgeschlossen.

Was folgt daraus?

Die einzige Möglichkeit die Floater komplett und für immer zu beseitigen ist die Vitrektomie, es wird kein wundersames Heilmittel aus dem nichts erscheinen. Kein einfaches Hausmittel. Nichts.
Wer seine Floater beseitigen will muss eine Vitrektomie machen lassen. Ende aus Micky Maus.

Lebensgeschichte 4 Soll ich, oder soll ich nicht

Im letzten Teil habe ich erfahren, dass es die Vitrektomie gibt. Ich bin Anfangs davon ausgegangen, dass die Vitrektomie kein Risiko hat. Ich hatte schlichtweg keine Ahnung, was das für eine Operation ist. Doch bald war klar, so simpel wie ich mir das vorgestellt hatte ist es dann doch nicht.

Es macht einen Unterschied, ob der Glaskörper noch vollständig oder partiell an der Netzhaut anliegt, oder eben nicht.

 

FUN FACT

Ein Grund warum ein bekannter Arzt aus Düsseldorf, dessen Vorname ein bisschen klingt wie ein türkischer Schulhofschläger, keine jungen Patienten operiert. Da liegt der Glaskörper nämlich in der Regel noch vollständig an, was die Operation relativ kompliziert und schwierig macht, da der Glaskörper davor erst künstlich abgehoben werden muss.
Diese Art von Patienten würden ihm ja seine Quote versauen, falls denn mal was schief geht und darauf hat der sympathisch wirkende Herr mit dem netten Lächeln keine Lust.

Ebenfalls ist einem nach einer Vitrektomie der Graue Star so gut wie sicher, innerhalb der nächsten Monate und Jahre. Gut der Graue Star, vor der Operation braucht sich niemand zu fürchten. Schwerwiegende Komplikationen treten quasi nicht auf und sind fast vollständig unwahrscheinlich. Grauen Star bekommt man, mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, im Alter sowieso. Also gut, dann habe ich meine OP halt 40 Jahre vorher, seis drum. 

Schwere Einblutungen, Netzhautrisse, Gesichtsfeldausfälle oder Rest Glaskörper, welcher dann auch sehr störend vor den Augen herumschwirrt, das beängstigt mich viel mehr. Meine Frustration schnellte zu diesem Zeitpunkt schier ins unermessliche, dieses extrem Gefühl von Niedergeschlagenheit, Trauer und Wut war überwältigend. Ich habe mich das erste Mal in meinem Leben gefragt, ob ein Leben so noch lebenswert ist. 
Im selben Augenblick habe ich mich für den Gedanken gehasst, so ein paar Trübungen, werden dir schon nicht dein Leben versauen, komm mal wieder klar. 
Ich kam es nicht und wurde es auch nicht mehr, eigentlich entwickelte sich ab da an ein stetiger Abwärtstrend. Ich war mindestens 5 Stunden am Tag im Internet und habe recherchiert, Möglichkeiten gegen diese Trübungen irgendwas das mir helfen könnte. Doch es gab nicht, keine Chance. Ich ging spazieren wollte mich ablenken, doch beide Augen waren immer voll mit diesem Schlonz.

Dann an einem Tag, an dem ich dachte ich werde definitiv wahnsinnig, oder schlimmer noch, beschloss ich etwas dagegen zu unternehmen. Ich sah meine psychischen Probleme, die diese Krankheit mit sich brachten und suchte mir einen Therapeuten.

 

Fortsetzung folgt.

Sind Floater eine Krankheit?

Die Floater und die Krankheit.

 

Manchmal scheiden sich hier die Geister. Viele Menschen denen ich von meinen Trübungen erzählt habe, waren der Meinung das auch schon immer zu haben.

„Ach du denk dir nichts, die habe ich auch. So einen kleinen durchsichtigen Strich im linken Auge. Stört dich das so, ich nehme die kaum wahr..“

-Guter Freund

Ich will niemandem einen Vorwurf machen, der nicht versteht, was Floater, wenn sie ein Krankheitsbild darstellen, bedeuten. Es geht nicht um 1-3 kleine durchsichtige Fäden irgendwo in der Peripherie, es geht um unzählbare irre Strukturen, die bei jeder Augenbewegung durch das Blickfeld rauschen.

 

Aber mal ganz grundsätzlich, was ist eigentlich eine Krankheit?

Definition von Der Gesundheits-Brockhaus, F.A. Brockhaus GmbH, Leipzig – Mannheim:

„Krankheit ist definiert als Störung des körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens.[…]“

Sind Floater eine körperliche Krankheit?

Eine körperliche Krankheit, im Sinne von körperlich beeinträchtigend sicherlich nicht. Selbst Menschen mit den schlimmsten Trübungen, können noch lesen, Auto fahren, sprechen und sehen. Manchmal sind die Trübungen die Begleiterscheinung zu einer „echten“ körperlichen Erkrankung wie der Netzhautablösung, des Netzhautrisses, eine Blutung etc.
Die Glaskörpertrübungen, welche durch eine hintere Glaskörperabhebung entstehen, sind kein körperliches Krankheitsbild. Die hintere Glaskörperabhebung ist ebenfalls eine normale Folge des Alterungsprozesses. Durch eine hintere Glaskörperabhebung können Netzhautrisse und/oder Netzhautablösungen entstehen, wie wahrscheinlich das ist, weiß ich nicht. Die Symptome die in diesem Fall auftreten sind: Russregen, Gesichtsfeldausfälle, Blitze im Blickfeld.
Die meisten Menschen mit Glaskörpertrübungen haben dies nicht.

Wenn Floater keine körperliche Krankheit sind und das ein normaler Alterungsprozess ist, wo ist dann das Problem? Dann ist man doch gesund?

Nein, beziehungsweise nicht unbedingt.
Eine Depression ist genau genommen zwar eine körperliche Erkrankung, da die biochemische Zusammensetzung im Ungleichgewicht ist (kein/wenig Serotonin), gilt aber als eine seelische Erkrankung. Starke Trauer, nach dem Verlust des Ehemanns oder der Eltern, kann zu einer Depression führen, das ist auch eine seelische Erkrankung. 
Eine seelische Erkrankung mit einer körperlichen Komponente. Verminderter Antrieb, geringer Appetit, Trauer, kreisende Gedanken, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Durchschlafstörrungen etc. Das alles sind körperlich greifbare Komponenten einer seelischen Erkrankung, nämlich der Depression.  Wobei gilt, nicht jeder mit den Symptomen ist zwingend depressiv, aber die meisten Depressiven haben diese Symptome, manchmal zusammen mit vielen anderen Symptomen.

Okay schön und gut, aber was bedeutet das für Menschen mit Glaskörpertrübungen?

Viele Menschen mit Mouches Volantes (Fliegenden Mücken) sind massiv von dem schwirren direkt vor den Augen beeinträchtigt. Das Gehirn ist auf eintreffende visuelle Reize sehr empfindlich, die braunen Striche und Klumpen sind nie vollends ausblendbar, selbst nach Jahren nicht. Man sieht sie also immer, wie sie durch das Blickfeld rauschen, oder sie sind in der Mitte des Sehzentrum und hängen immer da wo man gerade hinsieht.
Das ist problematisch, denn es lenkt massiv ab, denn meistens liegt das was man wahrnehmen möchte die Schrift eines Buches, ein lustiges Katzenvideo oder ein Sonnenaufgang, hinter den Trübungen. Heißt die Trübungen „verdecken“ das was man eigentlich sehen möchte. Das ist unglaublich anstrengend und störend, man ist die ganze Zeit einem Input unterworfen einem diffusen wirbeln vor den Augen. Viele zwingt es sehr dunkle Sonnenbrillen zu tragen, das Licht in der Wohnung auf ein Minimum zu reduzieren, lange Aufenthalte im hellen Tageslicht zu vermeiden und und und.
Die Betonung liegt hier auf zwingt, man muss es tun, da die Trübungen derart störend und penetrant sind, dass es anders kaum noch möglich ist.

Was folgt daraus?

Daraus entsteht ein Teufelskreis, die Trübungen werden gezwungenermaßen vermieden, dadurch sinkt die Lebensqualität. Man kann die Trübungen auch nicht abstellen, sie sind einfach immer da. Ein Albenpanorama war für mich früher das Maß der Dinge, seit meinen Trübungen ist es ein Albtraum. Ich spare mir an dieser Stelle, mal das Wortspiel mit Alptraum und Albtraum 😉

Dieser umstand drückt die Stimmung natürlich massiv in den Keller. Man verliert sukzessive den Spaß an vielen Aktivitäten, entweder dadurch das man sie vermeidet, oder während dessen gestört ist von dem Wirbelsturm vor den Augen. Das führt in den schlimmsten Fällen zu einer Depression. Ich bin seit 2 Jahren bei einem Therapeuten und nachweislich und messbar erkrankt an einer mittelschweren Depression. Da kann mir kein Augenarzt mehr erzählen ich gewöhne mich daran.

Ist jeder Mensch mit Trübungen automatisch krank?

Auch hier ein klares Nein. Wie bei vielen Sachen spielt die eigene Wahrnehmung und die eigene psychische Konstitution eine entscheidende Rolle.
Es gibt viele Menschen mit Segelohren, zu großen Nasen, schiefen Zähnen aber keinem geht es gleich. Alle empfinden es als unterschiedlich schwer. Mike Krüger lebt mit seinem Zinken offenbar nicht so schlecht, wobei andere mit kleineren Nasen schier verzweifeln. Das ist von einem selber abhängig, das kann man nur für sich selbst bestimmen. Es gab durchaus Momente in meinem Leben in denen ich mich wunderbar gesund gefühlt habe, trotz massiver Floater. Einen stört ein einziger Strich, der andere lebt mit über 30 Floatern ohne nennenswerten Unterschied (das ist zwar jetzt utopisch, aber vielleicht).

Um es auf den Punkt zu bringen, nicht jeder mit Floatern im Auge ist krank oder muss sich krank fühlen, auf keinen Fall. Meiner Meinung nach gibt es einen Punkt an dem es zu viele Floater sind, da wird jeder Blick in den Himmel zur Qual. Diese Menschen, da gehöre ich dazu, vermeiden bestimmte Verhaltensweisen, sind in ihrer Stimmung gedämpft und die Gedanken kreisen viel um das eigene Augenthema. Das ist eine Krankheit.

Ab wie vielen Floatern ist man krank?

Das ist eine Frage, welche mich in letzer Zeit sehr viel beschäftigt. Es gibt nicht nur ein „wie viel“ sondern auch ein „wo“. Zwei schwarze Punkte direkt in der Mitte des Gesichtsfeldes, sind bestimmt störender, als vier kleine Fäden in der äußersten Peripherie. Grundsätzlich finde ich sollte jeder das Recht haben, seine Floater operieren zu lassen, egal wie viele und wo sie sind. ABER. Es macht halt nicht immer Sinn. Ein paar Monate sollte man sich Zeit geben, vielleicht lernt man ja gut mit ihnen umzugehen, oder sie sind nur am Anfang so störend. Ändert sich nach einem Jahr nichts und die Lebensqualität leidet massiv, dann sollte eine Operation in Betracht gezogen werden.

 

Aber sind Floater offiziell eine Krankheit?

Nein. Laut den Krankenkassen sind Glaskörpertrübungen eine subjektive Beeinträchtigung eine Vitrektomie in diesem Rahmen ein kosmetischer Eingriff. Floater sind also keine Krankheit. Das ist ein absoluter Schlag ins Gesicht für jeden mit massiven Floatern. Man wird mit seiner Erkrankung einfach nicht ernst genommen. Ich persönlich habe keine Lust, jedes mal bei einem Augenarzt einen kompletten Seelenstriptease hinzulegen und Ärzte davon zu überzeugen, dass ich unter meinen Trübungen leide und das kein bloßes Hirngespinst ist.

Daraus ergibt sich eine weitere Problematik, nämlich das jede Hilfe für GKT-Patienten, quasi eine Privatleistung ist. Es gibt kein einheitliches Behandlungsschema. Heißt manche Ärzte nutzen die GKT-Patienten, um massiv Geld an ihnen zu verdienen. So werden teure Voruntersuchungen veranlasst, welche privat zu tragen sind und dann wird doch nicht operiert, weil es zu gefährlich ist (Vitrektomie) oder nicht möglich (Laser-Vitreolyse). Ärzte entziehen sich so der Kontrolle durch die Krankenkassen, das ist ein fataler Zustand und so unhaltbar.

 

 

Einer dieser Tage

Ich und meine Floater wir kennen uns. Ich habe ihnen Namen gegeben bis es zu viele wurden, ich habe ihnen positive Adjektive zugeschrieben bis ich keine mehr kannte, oder das Deutsche Vokabular einfach keine mehr hat. Wer weiß das so genau.

Ich bin 23 Jahre alt und lebe seit 2 Jahren mit einer schier endlosen Zahl an Trübungen in beiden Augen. Heute ist jede Augenbewegung ist ein kleiner Horror für sich.
Ich möchte ehrlich sein, ich habe Kriege mit meinen Floatern gekämpft, ich habe manchmal verloren und manchmal gewonnen. Manchmal war es auch ein Unentschieden. Als ich weinend vor meiner Freundin saß und nicht mehr weiter wusste, weil schon wieder 2 braune Schlieren den Weg in mein Auge gefunden hatte, schaute sie mich an mit ihren perfekten braunen Augen begleitet von den Worten:„Achte einfach nur auf mich, so wie ich auf dich achte“. Ein Moment so wunderbar wie auch endlos kostbar. Das war ein Unentschieden.

Heute ist einer dieser Tage, da fühle ich mich ganz weit weg von all den Siegen und Unentschieden. Es gibt da draußen ein Leben zu führen, ein Leben voll von wunderbaren Ausblicken und Augenblicken. Heute fühlt es sich so an, als würde ich durch meine Trübungen auf dieses „wunderbar“ schauen, ich bin zwar da, aber kein Teil davon. Ich bin endlos traurig und auch wütend, wütend darauf, dass ich diesen Mist habe. Wütend auf jeden Arzt, der meint man gewöhnt sich daran.

Sich daran gewöhnen, wirklich ich habe das versucht. Monatelang bin ich gegen Windmühlen angerannt, bis ich einen Punkt erreicht habe, an dem ich mir eingestehen musste, dass es besser nicht wird. Was ist besser? 
Ich gehe ohne Sonnenbrille vor die Tür, die Floater sind ein Thema, wenn sie es sein müssen (neuer Arztbesuch etc.). Was hat mich das gekostet? Hunderte Tage voller Verzweiflung, zig. Arztbesuche unzählige Therapiestunden (dazu schreibe ich mal konkreter was 🙂 ), dafür das ich jetzt kein kleines Häufchen Elend mehr bin, sondern halbwegs kompetent mit den GKT umgehen kann. Yes! Es gibt Menschen die fliegen zum Mond, ich kann mit meinen Trübungen umgehen, wenn das nicht die Definition eines erfolgreichen Lebens ist, dann weiß ich auch nicht mehr.

Auf der anderen Seite bin ich tatsächlich erst 23 Jahre alt, die Forschung bzw. die Medizin im allgemeinen, hat in den letzten Jahren einen unglaublichen Schritt gemacht. Mittlerweile gibt es die Vitrektomie, sogar Ärzte die diese bei Trübungen anwenden. Immer noch zu wenige aber es gibt sie. Die Lage ist nicht hoffnungslos, sie ist kompliziert man braucht viel Geduld und einen langen Atem, aber die Floater werden vermutlich bald Geschichte sein. Was bleibt ist das Risiko der Operation.
Ich hatte vor fast 15 Jahren eine Nieren-OP, ich hab Jahre später erst erfahren, dass ich mehrmals massive Komplikationen hatte und ich tatsächlich auch hätte sterben können. Aber ich bin es nicht, vermutlich auch deswegen, weil mir das damals gar nicht bewusst war. Diese Möglichkeit gab es gar nicht, ich war komplett frei von Angst und an dem Tag meiner Vitrektomie, wird es genauso sein. Alles wird gut.

Morgen wird ein Sieg, heute ist es eine hauchdünne Niederlage.

Lebensgeschichte 3

Mein Problem waren nicht nur dieser verdammt nervigen Floater. Es war nicht so als hätte ein von Grund auf glücklicher Mensch dieser Dinger gesehen und ist dann sofort schwer depressiv geworden. Vielmehr war ich davor schon jahrelang depressiv oder sagen wir unglücklich und tief in mir sehr traurig.
Diese Floater haben sich dann perfekt in das Gesamtbild meines beschissenen Lebens eingereiht. Yeah! Noch ein Grund mehr alles zu hassen.

Meine Aufmerksamkeit hat sich neu fokussiert, wo früher grüne Wiesen, ein blauer Himmel und ein bisschen fliegende Mücken war, da war jetzt haufenweise Dreck und ein bisschen Landschaft.
Ich habe Jahre gebraucht bis ich nach meiner erste Erfahrung wieder einmal den Mut aufgebracht habe, nochmal zu googeln. Zu groß war meine Angst nochmal zu erfahren das es nichts gibt was ich tun könnte.

Doch dann fand ich die Laser-Vitreolyse! Da denkt man jahrelang, es gibt keine Möglichkeit, irgendwie wieder ein normales Leben, ohne den Schmutz zu führen und dann findet man etwas, dass dies verspricht. Ich brauche keinem zu erklären wie euphorisch ich gewesen bin, am liebsten hätte ich die Welt umarmt. Doch zwei Klicks weiter war wich die Euphorie der sehr ernüchternden Realität.
Kaum ein junger Mensch kommt für die Vitreolyse in Frage, die Vitreolyse entfernt nicht alle Floater und die Operation muss privat bezahlt werden. Ohh well, fuck then!

Meine Trübungen tanzten wild über den Bildschirm meines Computers und formten ein hämisches Grinsen. Doppelte Punktzahl für den Pathos. 

Eigentlich hatte ich jede Hoffnung aufgegeben jemals wieder einen freien Blick zu haben, doch dann fand ich die Vitrektomie. Diverse Websiten waren sich einig, die Pars-Plana-Vitrektomie ist eine relativ schonende Operation mit geringer Komplikationsrate.  Okay, ist gekauft!

Leider ist der zweite Blick meistens nicht mehr fähig dazu die erste Euphorie aufrecht zu halten. Grauer Star ist die sichere Konsequenz. Also dann doch nicht, aber immerhin gibt es etwas, was mir eventuell helfen könnte. Allein schon die Aussicht darauf, dass ich nicht mit meinem Trübungen sterben muss, war schon wie Balsam für mich.